Farbtemperatur und Weißabgleich

Warmes und kaltes Licht

Nicht immer ist das Licht, das uns umgibt, neutral-weiß. Neutral weißes Licht nehmen wir wahr, wenn die Farbanteile im Licht gleichmäßig auftreten. Also die gleiche Menge rotes, grünes, blaues Licht und so weiter. Nimmt der Anteil der Rottöne zu, nehmen wie das Licht als wärmer wahr, bspw. Kerzenlicht und das Licht bei Sonnenuntergang. Überwiegen die Blautöne, wirkt das Licht kälter, bspw. während der Blauen Stunde und bei Nebel.

Mit verschiedenen Farbtemperaturen entwickelte Aufnahme.
Zum Vergleich in höherer Auflösung mit warmer Farbabstimmung: Köpenicker Schloßplatz im Nebel

Der Farbeindruck wird als Farbtemperatur bezeichnet und in der Einheit Kelvin (K) angegeben.

Beispiele:

Farbtemperatur
Lichtquelle
1500 K Kerzenlicht
2600 K Glühlampe
3000 K Leuchtstofflampe warm-weiß
4120 K Mondlicht
5500 K mittleres Sonnenlicht
ab 9000 K Blaue Stunde

Mit welcher Farbe ein Objekt wahrgenommen wird, hängt nicht nur vom Objekt selbst ab, sondern auch davon, wie das Licht zusammengesetzt ist, von dem es beleuchtet wird. Je weniger neutral es ist, desto größer ist später auf dem Foto der wahrgenommene Farbstich.

Der Farbstich kann sehr intensiv ausfallen, aber unser Gehirn korrigiert mit einem Weißabgleich, die Farbwahrnehmung vor Ort sehr effektiv, u.a. auch mit unseren Erfahrungswerten, so dass wir Farbverschiebungen nur sehr begrenzt wahr nehmen. Das hat den großen Vorteil, dass wir selbst bei sehr unterschiedlichen Lichtbedingungen weiterhin die "originalen" Farben der Objekte wahrnehmen. Ein Blatt Papier bleibt weiß, eine Gurke grün und eine Banane gelb. Selbst häufig dann noch, wenn sie mit intensivem einfarbigen Kunstlicht angestrahlt werden.

Weißabgleich

Weißabgleich bedeutet, dass die Farbtemperatur des Umgebungslichts gemessen und die Farbdarstellung entsprechend korrigiert wird. Unser Sehzentrum bekommt das sehr gut hin, aber die Fototechnik scheitert daran regelmäßig.

Analoge Fotografie

Bei der analogen Fotografie ist es ein großes Problem. Bei Filmmaterial kann lediglich neben den üblichen Tageslichtfilmen, die auf 5500K ausgelegt sind, auf Kunstlichtfilme ausgewichen werden, die auf 3200K bzw. 3400K ausgelegt sind um das bei Tageslichtfilmen auftretende typische Problem der Gelbfärbung bei warmen Kunstlicht zu vermeiden.

Mit verschiedenen Farbtemperaturen entwickelte Aufnahme.

Alternativ können auch Farbfilter vor die Objektive geschraubt werden um das Problem zu verringern. Man denke beispielsweise an die früher häufig verwendeten Skylight-Filter, die für eine leichte Rotfärbung der Aufnahme sorgen um dem hohen Blauanteil bei Tageslicht entgegenzuwirken. Eine anständige Farbkorrektur ist so aber nur begrenzt möglich und obendrein sehr aufwändig und unzuverlässig.

Digitale Fotografie

WeißabgleichMit der digitalen Technik ist es ungleich einfacher geworden, einen guten Weißabgleich zu realisieren. Digitalkameras können in vielen Situationen selbst einigermaßen gut erkennen, wie es um die Farbtemperatur des Lichts bestellt ist. Weiß man es aber besser oder möchte eine bestimmte Farbtemperatur vorgeben um die Lichtstimmung passend zur Motividee zu ändern, so ist auch das schnell im Kameramenü erledigt.

Wie der automatische Weißabgleich der Digitalkameras funktioniert

Möglichkeit A: Die größte helle Fläche im Motiv wird als weiß bzw. neutralgrau eingestuft. Die Farben werden dann an deren abgestrahlter Lichtzusammensetzung ausgerichtet. Wenn diese Fläche aber mit Licht einer anderen Farbtemperatur beleuchtet wird oder sogar farbig ist, wird die Farbabstimmung alles andere als neutral ausfallen.

Möglichkeit B: Die Automatik erkennt keine passende Referenzfläche und geht einfach davon aus, daß alle Farben im Foto gleichmäßig auftreten.

Der Vorteil des RAW-Formats

Ist die Kamera so eingestellt, dass die Aufnahmen im üblichen JPEG-Format abgespeichert werden, sollte man vor dem Druck auf den Auslöser sicher sein, dass der Weißabgleich zumindest halbwegs stimmt. Eine nachträgliche Änderung des Weißabgleichs ist hier nicht möglich. Zwar kann die Farbabstimmung auch dann noch korrigiert werden, aber nicht mehr so einfach und präzise. Zudem kann die Bildqualität erheblich darunter leiden.

Weißabgleichsregler mit zusätzlichem Regler für die Farbbalance der Grün-/Magenta-Farbtöne.Das RAW-Format (Rohdatenformat), das auch als digitales Negativ bezeichnet wird, bietet dagegen die Möglichkeit, auch nach der Aufnahme einen Weißabgleich vorzunehmen bzw. die Farbtemperatur beliebig zu ändern, ohne das es Auswirkungen auf die Bildqualität hat.

Es genügt, 1-2 Regler im RAW-fähigen Bildbearbeitungsprogramm zu verschieben und schon ist das Licht genau so warm oder kalt, wie es einem gefällt. Dadurch läßt es sich entspannter fotografieren. Man entscheidet ggf. erst nachträglich am PC-Bildschirm, ob man es beim automatischen Weißabgleich der Kamera beläßt oder ob man ihn nachträglich korrigiert oder sogar deutlich ändert um mit der Farbabstimmung eine bestimmte Bildwirkung zu unterstützen oder Farbgebung zu erzielen, die u.U. nicht neutral ist, aber besser zum Motiv und der eingefangenen Lichtstimmung paßt. Außerdem läßt sich die Farbabstimmung bei der Fotosichtung am PC-Bildschirm viel besser beurteilen als mit Testaufnahmen auf dem Kamerabildschirm.


weitere Beispiele:

Mit verschiedenen Farbtemperaturen entwickelte Aufnahme

Ein Foto mit sechs verschiedenen Farbtemperatur-Einstellungen entwickelt. In diesem Fall liegt die Kamera-Automatik m.E. daneben.
Das Foto ist mit 4750 Kelvin deutlich zu kalt abgestimmt. Selbst mit einer Tageslicht-Abstimmung wirkt es noch etwas zu nüchtern. Eine Farbabstimmung auf etwa 6500 Kelvin paßt hier, meiner Meinung nach, besser zum herbstlichen Motiv.

Letzten Endes hatte ich mich bei diesem Foto offenbar für eine separate Bearbeitung der Farbgebung in Himmel und Landschaft entschieden.

Zum Vergleich das fertig bearbeitete Foto:

Blick von der Festung Königstein

Mit verschiedenen Farbtemperaturen entwickelte Aufnahme

Mit Nachtaufnahmen sind die Automatiken der Kameras regelmäßig überfordert. Die Aufnahmen werden i.d.R. viel zu warm abgestimmt. Ich bevorzuge bei Nachtaufnahmen häufig eine sehr kalte Farbabstimmung, weil die Farben dann unverfälschter und klarer in Erscheinung treten, anstatt in einem Meer aus Gelbtönen zu verschwimmen.

Das Foto entwickelte ich daher mit ca. 2500 Kelvin: Köpenick - Isola di Capri
Manch einem wird das zu kalt sein. Bspw. wäre zu überlegen die Grüntöne ein kleines bisschen ins gelbliche zu verschieben. Was einem aber letztlich am besten gefällt, findet man bei solch schwierigen Mischlichtbedingungen erst nachträglich am PC-Bildschirm heraus, weil es sich auf einem kleinen Kamera-Bildschirm nicht gut beurteilen läßt.

Hier zeigt sich zudem, dass die Farbtemperatur-Einstellung auch für SW-Fotos von Bedeutung ist. Eine SW-Aufnahme, aus der Variante mit 7500 Kelvin erzeugt, würde in diesem Fall nur über schwache Kontraste verfügen. Hier bietet sich als Ausgangsbasis eine Variante mit 2500-4000 Kelvin an, weil die Kontraste dann stärker ausfallen und Details leichter und besser herausgearbeitet werden können.

Mit verschiedenen Farbtemperaturen entwickelte Aufnahme

Ein Foto, entstanden im Winter bei Sonnenuntergang am Großen Müggelsee in Berlin. Der Blauanteil des Tageslichts war entsprechend hoch, so dass es selbst bei einer Abstimmung der Farbtemperatur auf die Tageslicht-Voreinstellung, einen starken Blaustich erhält. Neutrale Farben ergeben sich erst mit einer sehr hohen Farbtemperatureinstellung. Meine reale Wahrnehmung der Szene entsprach vermutlich einer Farbtemperatur-Einstellung zwischen 8000 und 12.000 Kelvin. Je nachdem was das Foto ausdrücken soll, können hier verschiedene Farbtemperaturen passend sein.